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Nun, nach arbeitsreichen Tag, die Auflösung unserer Frage.
Vorab vielen Dank für eure rege Beteiligung. Die Frage hat schon viele Gerichte beschäftigt.
Kommt der Arbeitnehmer wegen eines Staus auf der Autobahn, Schnee, Glatteis oder einer Verspätung der Bahn zu spät zur Arbeit kann der Arbeitgeber grundsätzlich abmahnen.
Kündigen kann er lediglich, wenn der Arbeitnehmer wegen eines gleichartigen Verstoßes bereits abgemahnt wurde.
Wie einige von euch in den Beiträgen bereits angemerkt haben, ist vom Arbeitgeber jedoch auch bei der Abmahnung die Verhältnismässigkeit des arbeitsrechtlichen Sanktionsmittel zu wahren.
So ist bei für den vorausschauenden Arbeitnehmer nicht erkennbaren äußeren Umständen, z.B. lässt sich aus dem Wetterbericht des Vortages kein Glatteis entnehmen, und geringfügiger Verspätung eine Abmahnung nicht berechtigt. Für die Bahn gilt das nicht, denn hier wird die häufige Verspätung der Bahn als vom Arbeitnehmer einzukalkulierendes Risiko verstanden.
Das Bundesarbeitsgericht hat dazu unter anderem entschieden, und nicht aufgeben und bis zum Schluss lesen, denn es wird noch lustig,
„1. Die zur Personalakte des Arbeitnehmers genommene schriftliche Abmahnung des Arbeitgebers unterliegt der rechtlichen Kontrolle nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Die Kontrolle erstreckt sich dabei nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit auf die Überprüfung, ob der Arbeitgeber den mit der Abmahnung verfolgten Zweck auch auf schonendere Weise als durch förmliche Abmahnung hätte erreichen können (Abweichung ua von BAG Urteile vom 13.11.1991 – 5 AZR 74/91 – AP Nr 7 zu § 611 BGB Abmahnung = NZA 1992, 690; vom 31.08.1994 – 7 AZR 893/93 – AP Nr 98 zu § 37 BetrVG 1972 = NZA 1995, 225). Sie beschränkt sich nicht auf eine reine Übermaßkontrolle im Sinne des letzten Teilkriteriums des Prinzips der Verhältnismäßigkeit (so aber BAG aaO).
2. Das folgt aus § 242 BGB in Verbindung sowohl mit dem normativen Geltungsanspruch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers (Art 1 Abs 1, 2 Abs 1 GG) als auch im Lichte grundrechtlicher Wertungen (Art 2 Abs 2 Satz 1 GG) in Verbindung mit den Bestimmungen des ArbSchG 1996 zum vorbeugenden betrieblichen Gesundheitsschutz.
3. Hat der Arbeitgeber nach Art und Gewicht des in Rede stehenden Vertragsverstoßes des Arbeitnehmers gar keine andere Wahl als die förmliche Abmahnung, so spricht eine tatsächliche – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung dafür, dass er den verfolgten Zweck auch auf schonendere Weise als durch Abmahnung – etwa durch schlichten Hinweis auf den Verstoß oder seine Folgen mit der Bitte um Abhilfe – hätte erreichen können.“
Im Ergebnis kommt es mal wieder auf den Einzelfall an und ob es Indizien dafür gab, dass es Probleme geben könnte, die eine Verspätung für nicht ausgeschlossen halten.
Klarer ist es bei der Frage der Kündigung. Hier geht in diesen Fällen ohne Abmahnung gar nichts. Das BAG hat in einem kuriosen Fall sogar wie folgt entschieden,
„Die außerordentliche Kündigung eines Chefarztes wegen – wenigen und kurzen – privaten Telefonaten im Operationssaal mit dem schnurlosen Handapparat seines Diensttelefons und/oder seinem Mobiltelefon während laufender Operationen ist ohne vorherige Abmahnung unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber zuvor unter den gleichen Bedingungen dienstlich veranlasste Telefongespräche geduldet hat.“
„Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs 2 i.V.m. § 323 Abs 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich -auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist.“
Fazit: Alles einfach und jeder Weiß Bescheid oder? So ist das Arbeitsrecht

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