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Die Fußballweltmeisterschaft 2018 beginnt am 14. Juni 2018 und damit auch die Frage, was am Arbeitsplatz bei all der Fußballeuphorie erlaubt ist und welche Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten.

Für all die Fußballfans, denen es aufgrund ihrer Arbeitszeit nicht vergönnt ist, die Spiele der eigenen und der anderen Mannschaften bei der Fußballweltmeisterschaft 2018 zu Hause vor dem eigenen Fernseher oder beim Public Viewing und einem kühlem Bier zu genießen, stellt sich die Frage, ob während der Arbeitszeit eine Möglichkeit besteht, trotzdem den Spielen zu folgen.

Änderung der Arbeitszeit und Überstunden?

Aus dem Spannungsverhältnis von ordnungsgemäßer Erbringung der Arbeitsleistung und dem Wunsch, sich die Fußballspiele ansehen zu können, ergeben sich diverse Probleme. So stellt sich der eine oder andere Arbeitnehmer die Frage, ob der Arbeitgeber Überstunden anordnen darf und er so den Anpfiff verpasst oder er berechtigt ist, am Arbeitsplatz das Fußballspiel am Fernseher oder am Radio zu verfolgen.

Der Arbeitgeber bestimmt grundsätzlich durch das ihm gegebene Direktionsrecht die Lage der Arbeitszeit, sofern nichts Abweichendes in dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vereinbart wurde bzw. sich aus arbeitsvertraglichen Regelungen (Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat, Tarifvertrag und anderes) ergibt. Grundsätzlich muss er dabei auf das Interesse eines Mitarbeiters, die Fußballweltmeisterschaft verfolgen zu können, keine Rücksicht nehmen.

Insoweit gilt, dass der Mitarbeiter und Arbeitnehmer und den wirksam zustande gekommenen Schichtplänen bzw. der vom Arbeitgeber vorgenommenen Arbeitseinteilung folgen muss, wenn der Arbeitgeber dadurch sein Direktionsrecht wirksam ausübt. Er kann nicht verlangen, dass seine Arbeitszeiten dahingehend geändert oder angepasst werden. Davon ausgenommen sind arbeitsvertragliche Regelungen mit flexiblen Arbeitszeitsystemen und der Möglichkeit, Arbeitszeitguthaben einzusetzen.

Etwas anders sieht es bei der Anordnung und Duldung von Überstunden aus. Ein Arbeitgeber ist nicht grundsätzlich ohne weiteres befugt, Mitarbeiter zu Überstunden oder Mehrarbeit zu verpflichten, wenn dem nicht erhebliche betriebliche Belange zugrunde liegen und dazu führen würden, dass die Interessen des Mitarbeiters, z. B. ein Beispiel zu verfolgen, beeinträchtigt werden. Dies kann der Arbeitgeber nur dann, wenn im Arbeitsvertrag ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, im Bedarfsfall Überstunden  anzuordnen. Auch hier kommt es somit auf die Regelungen in Arbeitsvertrag bzw. dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegenden arbeitsvertraglichen Regelungen an.

Einen entscheidenden Punkt bei der Beantwortung der Frage, ob der Arbeitgeber so ohne Weiteres die Lage der Arbeitszeit ändern bzw. Überstunden anweisen kann, spielt das Vorhandensein einer Mitarbeitervertretung, z.B. Betriebsrat oder Personalrat. Dies deshalb, weil eben jenes der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegt. Die Mitarbeitervertretung kann auch grundsätzliche Regelungen mit dem Arbeitsgeber gestalten, die den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, die relevanten Fußballspiele der eigenen Mannschaft, z.B. der deutschen Nationalmannschaft, wahrzunehmen.

Radio oder Fernsehen bzw. Live-Ticker am Arbeitsplatz

Das Bundesarbeitsgericht hat bereits 1986 entschieden, dass ein Radio im Hintergrund auf der Arbeit gehört werden darf. Dies kann nur dann vom Arbeitgeber verboten oder sanktioniert werden, wenn er nachweisen kann, dass der Mitarbeiter durch das Radio abgelenkt ist und seine Arbeitsleistung nicht konzentriert und zügig sowie fehlerfrei erfolgt.

Unter diesen Grundsätzen wären das Radiohören und das Verfolgen des Fußballspiels während der Fußballweltmeisterschaft zulässig, wenn dadurch die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt wird bzw. Mitarbeiter oder Kunden nicht gestört werden.

Anders sieht dies die Rechtsprechung grundsätzlich bei dem im Hintergrund laufenden Fußballspiel im Fernseher oder auf dem Bildschirm des Computers. Es wird in diesen Fällen davon ausgegangen, dass eine konzentrierte und sorgsame Erfüllung der Arbeitsleistung nicht möglich ist, da der Mitarbeiter visuell anderweitig gebunden ist, als mit der Erbringung der Arbeitsleistung. Nur in engen Ausnahmen haben die Arbeitsgerichte dies zugelassen, wie z. B. bei einem Nachtportier, der die überwiegende Arbeitszeiten damit verbringt auf Kunden zu warten und somit sich lediglich in einer Art Bereitschaft befindet.

Es ist danach zu differenzieren und auf den Einzelfall abzustellen. So kann Mitarbeitern, die sich an ihrem Arbeitsplatz befinden und damit in Arbeitsbereitschaft, zugestanden werden, das Fußballspiel verfolgen zu dürfen, wenn dadurch ihre eigentliche Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt wird. Hier lassen sich Fälle konstruieren, wie z. B. Mitarbeiter, die an der Kasse arbeiten und während dieser Zeit am Arbeitsplatz das Spiel verfolgen, weil kein Kunde die Leistungen des Unternehmens Anspruch nimmt.

Ähnliche Kriterien gelten für das Verfolgen des Fußballspiels im Live-Ticker. Grundsätzlich wäre dies verboten, wenn durch arbeitsvertragliche Regelungen die private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit ausgeschlossen ist. Liegt ein solches ausdrückliches Verbot nicht vor, ist eine ausschweifende Beanspruchungen während der Arbeitszeit nicht gestattet. Dies wäre dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer ganze 90 Minuten das Spiel an Liveticker verfolgt und deshalb seiner Arbeitsleistung vernachlässigt. Zulässig ist dies jedoch sofern über den Liveticker nur ab und an der Mitarbeiter sich über den Spielstand informieren lässt.

Bierchen am Arbeitsplatz während des Fußballs

Viele werden es vermuten, dass auch während der Fußballweltmeisterschaft die gleichen Grundsätze gelten, wie auch sonst, nämlich das Alkohol am Arbeitsplatz eine Pflichtverletzung darstellten kann. Dies gilt sowohl für den Alkoholgenuss am Arbeitsplatz, als auch für die Erbringung der Arbeitsleistung unter Restalkohol.

Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hat unterschiedliche Meinungen herausgebildet. Danach sehen nicht alle Richter ein generelles einseitig vom Arbeitgeber vorgegebenes Alkoholverbot als wirksam an. Dies soll nur für bestimmte Berufsgruppen gelten, wenn durch den Genuss des Alkohols objektiv davon ausgegangen werden kann, dass die Leistungsqualität per se beeinträchtigt sein wird, wie dies bei Berufskraftfahrern, Ärzten im OP oder Piloten während des Fluges der Fall sein kann. Die überwiegende Rechtsprechung und die Mehrzahl der Richter würden jedoch den Genuss von Alkohol am Arbeitsplatz durchaus pflichtwidrig ansehen, so dass davon abgeraten werden muss.

Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, einseitig den Mitarbeiter dazu zu verpflichten, ins Röhrchen zu pusten bzw. Alkoholkontrollen zuzustimmen. Anders sieht dies dann aus, wenn er einen begründeten Verdacht hat, weil der Mitarbeiter und Arbeitnehmer klassische Ausfallerscheinungen hat. Stimmt der Mitarbeiter und Arbeitnehmer sodann einer Alkoholprobe nicht zu, kann er vom Arbeitgeber vom Arbeitsplatz verwiesen werden. Daneben verliert der Arbeitnehmer für diesen Zeitraum seinen Anspruch auf Zahlung von Entgelt und es droht die Abmahnung oder Kündigung.

Fußballtrikot/Deutschlandshirt am Arbeitsplatz

Das Tragen eines solchen Shirts während der Arbeitszeit und am Arbeitsplatz muss vom Arbeitgeber dann hingenommen werden, wenn die entsprechenden Mitarbeiter lediglich im Innendienst ohne direkten Kundenkontakt tätig sind. Anders sieht dies bei Mitarbeitern aus, die im direkten Kundenkontakt stehen. Bei diesen Mitarbeitern muss geprüft werden, ob aufgrund der Tätigkeit und dem Auftreten des Arbeitgebers das Erscheinungsbild des Unternehmens beschädigt werden könnte. Ist dies zu befürchten, so kann der Arbeitgeber das Tragen eines solchen Shirts während der Arbeitszeit verbieten. Beispiele dafür wären z. B. ein Mitarbeiter in einer Bank, der am Kundenschalter steht oder aber ein Rechtsanwalt der vor Gericht auftreten oder seine Mandanten beraten möchte.

Auch hier gilt, dass die Arbeitsabläufe nicht gestört werden dürfen, Mitarbeiter oder Abläufe gefährdet werden.

Konsequenzen bei Verstößen

Der Arbeitgeber kann bei Verstößen gegen die oben dargestellten Verpflichtungen des Arbeitnehmers und Mitarbeiters eine Abmahnung aussprechen. In den meisten Fällen wird eine verhaltensbedingte Kündigung nicht berechtigt sein.

Sollte der Arbeitnehmer jedoch bereits gleichartige Pflichtverstöße begangen haben und deshalb abgemahnt worden sein, so kann der Arbeitgeber auch wegen des dann erneuten Pflichtenverstoßes eine fristlose bzw. fristgemäße Kündigung aussprechen.

Nur bei schwerwiegenden Verstößen kann ohne eine solche Abmahnung eine Kündigung ausgesprochen werden.

Fazit und Empfehlung

Es ist sowohl dem Arbeitnehmer, als auch dem Arbeitgeber zu empfehlen, ein klares Gespräch vor den entscheidenden Fußballspielen zu führen und sich abzustimmen, wie gewährleistet wird, dass die Interessen sowohl des Arbeitgebers, als auch des Arbeitnehmers Berücksichtigung finden. In den meisten Fällen wird sich ein Weg finden, so dass im Vorfeld Klarheit zwischen den Parteien besteht und arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können.

Der Arbeitgeber hat genauso wie der Arbeitnehmer ein großes Interesse an klaren und transparenten Regelungen, die zu einem guten Betriebsklima führen.

Sandro Wulf
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
für die Rechtsanwaltskanzlei Wulf und Collegen
in Stendal und Magdeburg

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