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Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil vom 26.02.2013 die Rechte von Fluggästen gestärkt und ausgesprochen, dass einem Fluggast, der bei einem Anschlussflug erst mit einer über 3‑stündigen Verspätung am letzten Zielort ankommt, gemäß Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (EG Nr. 261/2004) grundsätzlich ein pauschaler Ausgleichsanspruch zusteht. Der EuGH hatte aufgrund eines vom Bundesgerichtshof eingereichten Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV zu entscheiden.
Die Klägerin im Verfahren hatte einen Flug gebucht von Bremen über Paris und São Paulo nach Asunción (Paraguay) und verlangte Ersatz des Schadens, der infolge ihrer verspäteten Ankunft am Zielort entstand. Nach der ursprünglichen Flugplanung hätte die Klägerin am 16. Mai 2006 um 6.30 Uhr von Bremen abfliegen und am selben Tag um 23.30 Uhr an ihrem Endziel Asunción ankommen sollen. Der von der Gesellschaft Air France durchgeführte Flug von Bremen nach Paris startete erst kurz vor 9.00 Uhr und die Klägerin erreichte erst am 17. Mai 2006 um 10.30 Uhr ihren Zielort, also mit einer Verspätung von elf Stunden gegenüber der ursprünglich geplanten Ankunftszeit. Die Fluggesellschaft wurde in erster und in zweiter Instanz verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz zu zahlen, der u. a. einen Betrag in Höhe von 600 Euro nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 261/2004 umfasste. Dagegen legte Air France beim Bundesgerichtshof Revision ein, welcher die Sache dem EuGH vorlegte.
Dieser hatte nun die Frage zu beantworten, ob die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 19. November 2009, Sturgeon u. a., C‑402/07 und C‑432/07, Slg. 2009, I‑10923) – wonach einem Fluggast auch bei einer großen Verspätung ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 261/2004 zustehe – auch für den Fall gilt, dass beim Start noch keine Verspätung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung gegenüber der planmäßigen Abflugzeit vorlag, die Ankunft am Endziel aber gleichwohl drei Stunden oder mehr nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erfolgte. Dies bejahte der EuGH mit der Begründung,
entscheidend sei die Verspätung am Endziel, da der Fluggast dort einen irreversiblen Zeitverlust und somit Unannehmlichkeiten erleide.
Dass dies für die Luftfahrtunternehmen eindeutige finanzielle Konsequenzen hat, ließ der EuGH nicht außer acht, hob jedoch hervor, dass diese finanziellen Konsequenzen gegenüber dem Ziel eines erhöhten Schutzes der Fluggäste nicht als unverhältnismäßig angesehen werden können und dass der tatsächliche Umfang dieser finanziellen Konsequenzen im Licht der drei nachstehenden Gesichtspunkte gemindert werden kann. Erstens sind Luftfahrtunternehmen zu dieser Ausgleichszahlung nicht verpflichtet, wenn sie nachweisen können, dass die Annullierung oder die große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also auf Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind. Zweitens haben die Luftfahrtunternehmen das Recht, bei allen Verursachern der Verspätung Regress zu nehmen. Zudem können drittens die Ausgleichszahlungen, die je nach der mit den betreffenden Flügen zurückgelegten Entfernung 250 Euro, 400 Euro oder 600 Euro betragen, nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 261/2004 noch um 50 % gekürzt werden, wenn die Verspätung bei einem nicht unter Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung fallenden Flug unter vier Stunden bleibt.
Schließlich betonte der EuGH die Bedeutung, die dem Ziel des Schutzes der Verbraucher und somit auch der Fluggäste zukommt und dass diese negative wirtschaftliche Folgen selbst beträchtlichen Ausmaßes für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen kann.
Für die Rechtsanwaltskanzlei Wulf & Collegen
Rechtsanwalt Jan Steinmetz
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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