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1. Die nicht angezeigte und ungenehmigte Überlassung der Mietsache an Touristen kann die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.
2. Ob eine Abmahnung im Sinne des § 543 III 1 BGB als Kündigungsvoraussetzung nur wirksam ist, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist, kann dahinstehen, sofern die Voraussetzungen des § 543 III 2 BGB vorliegen. (Leitsätze des Gerichts)
LG Berlin, Urteil vom 18.11.2014 – 67 S 360/14 (AG Berlin-Mitte), BeckRS 2014, 22994
Sachverhalt
Die Kläger haben an den Beklagten eine Wohnung vermietet. Der Beklagte hat während des bereits laufenden Räumungsverfahrens die vollständige Wohnung im Zeitraum vom 08.02. bis 20.02.2014 entgeltlich an Touristen als Ferienwohnung überlassen. Die Kläger haben das Mietverhältnis mit dem Beklagten jedenfalls mit Kündigung vom 24.02.2014 beendet; sie klagen nunmehr auf Räumung.
Rechtliche Wertung
Das LG Berlin beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
Das Amtsgericht habe der Räumungsklage zutreffend stattgegeben. Den Klägern stehe der zuerkannte Räumungs- und Herausgabeanspruch gemäß den §§ 985, 546 I BGB zu, da das streitgegenständliche Mietverhältnis spätestens durch die Kündigung im Schriftsatz vom 24.2.2014 beendet worden ist. Den Klägern stünde nicht nur ein berechtigtes Interesse zur fristgemäßen, sondern auch ein solches zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses gemäß §§ 543 I, II 1 Nr. 2 2. Alt BGB zur Seite. Ein wichtiger Grund liege vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, insbesondere, wenn er die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt. Diese Voraussetzungen seien erfüllt.
Der Beklagte habe die Rechte der Kläger dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache im Zeitraum 8. bis 20.2.2014 an Touristen als Ferienwohnung überlassen habe. Die entgeltliche Überlassung vermieteten Wohnraums durch einen Mieter sei vorbehaltlich einer – hier nicht erteilten – Erlaubnis des Vermieters vertragswidrig. Dies gelte erst recht, wenn die Wohnung über den Anwendungsbereich des § 553 I BGB hinaus nicht nur zum Teil, sondern vollständig überlassen wird. So aber liege der Fall hier.
Eine Abmahnung sei hier gemäß § 543 III 2 Nr. 3 BGB entbehrlich gewesen. Danach bedürfe es keiner Abmahnung, wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzungen seien insbesondere dann erfüllt, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Mieter nicht zur Überlassung der Mietsache an einen Dritten berechtigt ist und weitere Umstände hinzutreten, die den Vertragsverstoß als besonders schwerwiegend erscheinen lassen.
Praxishinweis
Die Vermietung von Wohnungen an tage- oder wochenweise wechselnde Touristen hat „Konjunktur“, jedenfalls in Großstädten wie Berlin. Das LG Berlin schließt sich mit der vorliegenden Entscheidung der Auffassung des BGH (Urteil vom 08.01.2014 – VIII ZR 210/13, NJW 2014, 622) an, wonach die tageweise Vermietung einer Wohnung an Touristen vertragswidrig ist. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Vermieter eine generelle Erlaubnis zur Untervermietung ausgesprochen; nach Auffassung des BGH ist hiervon nicht ohne Weiteres die Erlaubnis zur Überlassung der Wohnung an Touristen umfasst.
In Bayern ist darüber hinaus zu beachten, dass die Vermietung an Touristen mit der Einfügung des Art. 2 S. 2 Nr. 3 ZwEWG durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 22.3.2013 (GVBl. 2013, 77) eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR belegt werden kann, Art. 5 ZwEWG. In der Begründung zur Änderung des Gesetzes über das Verbot über die Zweckentfremdung von Wohnraum für Bayern (LT-Drs. 16/14916 v. 28.11.2012) heißt es: „In der Praxis hat sich gezeigt, dass im Bereich der vorübergehenden hotelähnlichen Nutzung oder der Nutzung als Ferienwohnung Schwierigkeiten beim Vollzug des Gesetzes aufgetreten sind, da diese Nutzungen nicht im Katalog der Zweckentfremdungstatbestände aufgeführt waren. Um für diese Nutzungen den vollziehenden Behörden Rechtssicherheit zu schaffen, ergänzt die neue Nummer 3 den bisherigen Tatbestandskatalog.“
Sandro Wulf
Rechtsanwalt
zitiert aus Beck aktuell

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